Spannungsverlust in Leitungen
Berechnung und Minimierung von Spannungsverlusten in elektrischen Stromkreisen
In jedem realen Stromkreis treten Spannungsverluste auf, die durch den Widerstand der Anschlußleitungen entstehen. Diese Verluste sind unvermeidlich und müssen bei der Planung und Dimensionierung von Stromkreisen berücksichtigt werden.
Ein Spannungsverlust bedeutet, dass nicht die volle Quellspannung am Verbraucher ankommt, sondern ein Teil davon bereits in der Leitung verloren geht. Dies kann zu Leistungsverlust, Ineffizienz und möglichen Funktionsstörungen des Verbrauchers führen.
Das Grundkonzept des Spannungsverlusts
Wenn mehrere Widerstände in Reihe geschaltet sind, fällt an jedem Widerstand ein Teil der Gesamtspannung ab. Dies ist eine direkte Folge des Ohmsche Gesetzes.
Reihenschaltung mit Leitungswiderstand
Der Leitungswiderstand RL bildet eine Reihenschaltung mit dem Verbraucher. Der Strom fließt zunächst durch die Leitung (mit Widerstand RL) und dann durch den Verbraucher (mit Widerstand RV).
Die Gesamtspannung U verteilt sich auf:
- Verlustspannung UV: Spannungsabfall über der Leitung
- Nutzspannung UN: Spannungsabfall über dem Verbraucher
- Gesamtspannung: U = UV + UN
Berechnung der Verlustspannung
Die Verlustspannung ist nach dem Ohmsche Gesetz das Produkt aus Strom und Leitungswiderstand.
Grundformel für Verlustspannung
UV = I · RL
UV: Verlustspannung (V)
I: Stromstärke (A)
RL: Leitungswiderstand (Ω)
Nutzspannung am Verbraucher
UN = U - UV = U - I · RL
Die Nutzspannung ist die Klemmspannung abzüglich dem Spannungsverlust in der Leitung. Dies ist die tatsächlich am Verbraucher anliegende Spannung.
Die Nutzspannung kann deutlich unter der Quellspannung liegen, besonders bei großen Leitungswiderständen oder hohen Strömen.
Der Leitungswiderstand
Der Leitungswiderstand hängt von drei Faktoren ab: der Drahtlänge l, dem Leitungsquerschnitt A und dem spezifischen Widerstand ρ des Materials.
Abhängigkeit von Länge und Querschnitt
Größere Länge
RL ∝ l
Dreifache Länge = dreifacher Widerstand
Größerer Querschnitt
RL ∝ 1/A
Doppelter Querschnitt = halber Widerstand
Formeln für den Leitungswiderstand
Für eine einfache Leitung (Hin- oder Rückleitung):
RL = ρ · l / A
Für Hin- und Rückleitung (bei der praktischen Verwendung das Übliche):
RL = ρ · 2l / A
Beispiel: 50m Entfernung = 100m Leitungslänge (Hin und zurück)
Praktische Verlustspannungsformel
Durch Einsetzen der Leitungswiderstandsformel in die Verlustspannungsformel erhält man eine praktische Formel für den Spannungsverlust:
UV = ρ · (2·l·I) / A
UV: Verlustspannung (V)
ρ: Spezifischer Widerstand des Leitermaterials (Ω·mm²/m)
l: Entfernung zwischen Quelle und Verbraucher (m)
I: Stromstärke (A)
A: Querschnittsfläche der Leitung (mm²)
Der Factor 2 berücksichtigt, dass der Strom hin und zurück fließt. Dies ist in praktischen Stromkreisen immer der Fall.
Praktische Berechnungsbeispiele
Beispiel 1: Spannungsverlust bei Kupferkabel
Berechnung einer 50m Kupferleitung
Bei einer Netzspannung von 230V bleibt am Verbraucher:
UN = 230V - 10.8V = 219.2V
Das ist ein Verlust von ca. 4.7%, was noch akzeptabel ist.
Beispiel 2: Einfluss des Querschnitts
Vergleich: Gleiches System mit größerem Querschnitt
Beispiel 3: Hoher Strom über lange Distanz
Kritisches Szenario: Hoher Strom, lange Leitung
Einflussfaktoren auf den Spannungsverlust
| Faktor | Einfluss | Auswirkung auf UV |
|---|---|---|
| Stromstärke I | Höherer Strom | UV wächst proportional ↑↑↑ |
| Leitungslänge l | Längere Leitung | UV wächst proportional ↑↑ |
| Leitungsquerschnitt A | Größerer Querschnitt | UV sinkt (invers) ↓↓ |
| Material ρ | Besseres Material | UV sinkt (klein ρ) ↓ |
Minimierung von Spannungsverlusten
Praktische Maßnahmen
- Größerer Leitungsquerschnitt: Reduziert direkt den Widerstand (1/A Effekt)
- Kürzere Leitungslängen: Näher an die Stromquelle heran führen
- Besseres Material: Kupfer statt Aluminium (kleineres ρ)
- Höhere Spannungen: Bei gleicher Leistung weniger Strom nötig (U ↑ → I ↓)
- Richtige Dimensionierung: Nach Normen (z.B. DIN, ≤ 3% Verlust)
- Regelmäßige Wartung: Verschleißte Kontakte erhöhen den Widerstand
Richtwerte und Normen
- Stromkreise bis 32A: Maximal 3% der Nennspannung (6.9V bei 230V)
- Stromkreise über 32A: Maximal 5% der Nennspannung (11.5V bei 230V)
- Längere Leitungen: Besondere Ausnahmen je nach Anwendung
- Beleuchtungskreise: Üblicherweise ≤ 3% angestrebt
Tipps und häufige Fehler
- Einheiten überprüfen: ρ in Ω·mm²/m, l in m, A in mm², I in A
- Faktor 2 nicht vergessen: Bei Hin- und Rückleitung in der Formel beachten
- Nennspannung überprüfen: Prozentual Verlust von der Netzspannung berechnen
- Kupfer bevorzugen: Für Hausinstallationen Kupfer statt Aluminium
- Normen beachten: DIN 576-1 und andere Standards einhalten
- FALSCH: Faktor 2 vergessen | RICHTIG: Hin- und Rückleitung (2·l)
- FALSCH: Einheiten vermischen | RICHTIG: Einheiten konsistent
- FALSCH: Nur Hinleitung rechnen | RICHTIG: Vollständigen Stromkreis beachten
- FALSCH: Prozent bezogen auf Klemmspannung | RICHTIG: Bezug auf Sollwert klar definieren
Online-Rechner
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