Grundlagen Komplexer Zahlen

Einführung in eine neue Zahlenwelt jenseits der reellen Zahlen

Komplexe Zahlen sind eine Erweiterung der reellen Zahlen und eröffnen neue mathematische Möglichkeiten. Sie entstanden aus der Notwendigkeit, Gleichungen zu lösen, die mit reellen Zahlen unmöglich sind.

Das Wort "komplex" kommt vom lateinischen "complexus" (verflochten) und beschreibt die Verbindung von reellen und imaginären Komponenten zu einer einzigen mathematischen Einheit.

Warum brauchen wir komplexe Zahlen?

In der Erweiterung von natürlichen zu ganzen Zahlen, von ganzen zu rationalen und schließlich zu reellen Zahlen, entstanden jeweils neue mathematische Strukturen, um vorher unlösbare Probleme zu bewältigen.

Das Problem

Betrachten Sie die einfache Gleichung:

x² + 1 = 0 oder x² = -1

Mit reellen Zahlen ist diese Gleichung unlösbar! Das Quadrat einer reellen Zahl ist immer nicht-negativ (≥ 0). Es kann daher niemals -1 sein.

Die Lösung:

Um solche Gleichungen zu lösen, erweitern wir das Zahlensystem um eine neue Zahl: die imaginäre Einheit i.

Die imaginäre Einheit i

Die imaginäre Einheit ist eine neue mathematische Größe, die mit dem Symbol i gekennzeichnet wird.

Definition der imaginären Einheit:

i² = -1

oder äquivalent: i = √(-1)

Dies bedeutet, dass i eine Lösung der Gleichung x² = -1 ist.

Was ist i wirklich?

i ist keine reelle Zahl, denn das Quadrat einer reellen Zahl ist immer nicht-negativ. Dennoch können wir mit i nach den gleichen Rechenregeln wie mit reellen Zahlen arbeiten. Dies nennt sich das Permanenzprinzip.

Potenzen der imaginären Einheit

Durch wiederholte Multiplikation entstehen interessante Muster bei den Potenzen von i:

Potenz Berechnung Ergebnis
i i
i · i -1
i² · i = (-1) · i -i
i⁴ i² · i² = (-1) · (-1) 1
i⁵ i⁴ · i = 1 · i i
i⁶ i⁴ · i² = 1 · (-1) -1
Das Muster:

Die Potenzen von i wiederholen sich in einem Zyklus von 4:

i, -1, -i, 1, i, -1, -i, 1, ...

Dies kann man auch schreiben als: i^(4k+r) = i^r, wobei r ∈ {0, 1, 2, 3}

Komplexe Zahlen - Definition

Eine komplexe Zahl entsteht durch die Kombination einer reellen Zahl mit der imaginären Einheit i.

Definition komplexe Zahl:

z = a + bi

wobei:
a = Realteil (reelle Zahl)
b = Imaginärteil (reelle Zahl)
i = imaginäre Einheit (mit i² = -1)

Beispiele komplexer Zahlen

Verschiedene Formen
  • z₁ = 3 + 2i (Realteil: 3, Imaginärteil: 2)
  • z₂ = -1 + 3i (Realteil: -1, Imaginärteil: 3)
  • z₃ = 2 - 5i (Realteil: 2, Imaginärteil: -5)
  • z₄ = 4 (Realteil: 4, Imaginärteil: 0, rein reell)
  • z₅ = 3i (Realteil: 0, Imaginärteil: 3, rein imaginär)

Alternative Schreibweisen

Standardform

z = a + bi

Die gebräuchlichste Schreibweise in der Mathematik

Paarschreibweise

z = (a, b)

Real- und Imaginärteil als geordnetes Zahlenpaar

Vergleich der Schreibweisen
Standardform Paarschreibweise Realteil Imaginärteil
2 + 3i (2, 3) 2 3
5 (5, 0) 5 0
2i (0, 2) 0 2
-4 + 3i (-4, 3) -4 3

Begriffe und Notation

Für eine komplexe Zahl z = a + bi führen wir spezielle Begriffe ein, um ihre Komponenten zu beschreiben.

Realteil (Re)

Der rein reelle Anteil der komplexen Zahl

Re(z) = a

Beispiel: Re(3 - 2i) = 3

Imaginärteil (Im)

Der Koeffizient vor i (ohne das i selbst!)

Im(z) = b

Beispiel: Im(3 - 2i) = -2

Wichtige Unterscheidung:

Für z = 2 - 5i:

  • Imaginärteil Im(z) = -5 (nur die Zahl!)
  • Imaginärer Anteil = -5i (die Zahl mal i)

Der Imaginärteil ist immer eine reelle Zahl, nicht komplex!

Komplexe Zahlen als Erweiterung

Komplexe Zahlen sind eine natürliche Fortsetzung der Zahlenerweiterungen:

Zahlenerweiterungen:
ℕ ⊂ ℤ ⊂ ℚ ⊂ ℝ ⊂ ℂ

(Natürliche ⊂ Ganze ⊂ Rationale ⊂ Reelle ⊂ Komplexe)

Reelle Zahlen als Spezialfall

Jede reelle Zahl ist auch eine komplexe Zahl mit Imaginärteil 0:

Reelle Zahlen in komplexer Form
  • 5 = 5 + 0i
  • -3,5 = -3,5 + 0i
  • π = π + 0i
  • √2 = √2 + 0i

Rein imaginäre Zahlen

Zahlen mit Realteil 0 werden rein imaginär genannt:

Beispiele rein imaginärer Zahlen
  • 3i = 0 + 3i
  • -2i = 0 - 2i
  • i = 0 + 1i
  • -5i = 0 - 5i

Geometrische Darstellung

Im Gegensatz zu reellen Zahlen, die auf einem Zahlenstrahl dargestellt werden, benötigen komplexe Zahlen eine Ebene - die Gauß'sche Zahlenebene.

Die Gauß'sche Zahlenebene

In dieser speziellen Koordinatenebene:

  • x-Achse (horizontale Achse): Stellt den Realteil dar
  • y-Achse (vertikale Achse): Stellt den Imaginärteil dar
  • Punkt (a, b): Repräsentiert die komplexe Zahl z = a + bi
Vorteile der geometrischen Darstellung:
  • Visualisierung komplexer Zahlen und ihrer Operationen
  • Verständnis für Betrag und Argument einer komplexen Zahl
  • Geometrische Interpretation von Addition und Multiplikation
  • Verbindung zu Polarkoordinaten und trigonometrischen Formen
Beispiele in der Gauß'schen Ebene
  • 3 + 2i → Punkt (3, 2)
  • -1 + 3i → Punkt (-1, 3)
  • 2 - 5i → Punkt (2, -5)
  • 5 → Punkt (5, 0) auf der reellen Achse
  • 3i → Punkt (0, 3) auf der imaginären Achse

Vergleichbarkeit von komplexen Zahlen

Im Gegensatz zu reellen Zahlen können komplexe Zahlen nicht miteinander verglichen werden mit "größer als" oder "kleiner als".

Wichtig:

Die Aussagen "3 + 2i > 1 + i" oder "2i < 3i" sind nicht definiert und mathematisch nicht sinnvoll!

Der Grund: Es gibt keine natürliche Ordnung in der 2D-Ebene.

Was wir stattdessen tun können:
  • Vergleich von Realteilen: Re(z₁) > Re(z₂)
  • Vergleich von Imaginärteilen: Im(z₁) < Im(z₂)
  • Vergleich von Beträgen: |z₁| > |z₂|
  • Gleichheit: z₁ = z₂ wenn a₁ = a₂ UND b₁ = b₂

Zusammenfassung der Grundlagen

Konzept Definition Notation Beispiel
Imaginäre Einheit Eine Zahl, deren Quadrat -1 ist i i² = -1
Komplexe Zahl Kombination aus Realteil und Imaginärteil z = a + bi 3 + 2i
Realteil Der reelle Anteil Re(z) Re(3 + 2i) = 3
Imaginärteil Der Koeffizient von i Im(z) Im(3 + 2i) = 2
Rein reell Imaginärteil = 0 z = a 5
Rein imaginär Realteil = 0 z = bi 3i


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