Komplexe Zahlen geometrisch darstellen

Die Gaußsche Zahlenebene und ihre Interpretationen

Mit komplexen Zahlen lassen sich Operationen auch geometrisch darstellen. Die geometrische Darstellung eröffnet neue Perspektiven und ermöglicht es, tiefere mathematische Zusammenhänge zu verstehen.

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte - und in der komplexen Mathematik oft auch mehr als tausend Gleichungen!

Die Gaußsche Zahlenebene

Komplexe Zahlen sind als z = a + bi definiert, wobei a und b reelle Zahlen sind. Jede komplexe Zahl ist also durch ein Zahlenpaar (a, b) eindeutig bestimmt.

Diese Eigenschaft ermöglicht die geometrische Darstellung komplexer Zahlen in einer 2D-Ebene, ähnlich wie Punkte in einem kartesischen Koordinatensystem.

Die Achsen der Gaußschen Ebene

Reelle Achse (Re oder ℝ)

Die horizontale x-Achse

Repräsentiert den Realteil a der komplexen Zahl

Die Zahl 1 liegt eine Einheit rechts vom Ursprung

Imaginäre Achse (Im oder iℝ)

Die vertikale y-Achse

Repräsentiert den Imaginärteil b der komplexen Zahl

Die Zahl i liegt eine Einheit oberhalb des Ursprungs

Darstellungsregel:

Eine komplexe Zahl z = a + bi wird als Punkt (a, b) in der Gaußschen Zahlenebene dargestellt:

  • Die x-Koordinate ist der Realteil a
  • Die y-Koordinate ist der Imaginärteil b
  • Der Ursprung (0, 0) ist der Nullpunkt

Beispiele in der Gaußschen Ebene

Beispiel 1: Die komplexe Zahl 4 + 3i

Komponenten:
  • Realteil: a = 4
  • Imaginärteil: b = 3
  • Darstellung: Punkt (4, 3)
  • Position: 4 Einheiten rechts, 3 Einheiten oben vom Ursprung
Komplexe Zahl 4 + 3i in der Gaußschen Ebene

Abbildung 1: Die komplexe Zahl 4 + 3i als Punkt in der Gaußschen Zahlenebene

Beispiel 2: Mehrere komplexe Zahlen

Die folgende Abbildung zeigt mehrere komplexe Zahlen gleichzeitig:

Dargestellte Zahlen:
  • -4 + 5i: Links oben (Realteil negativ, Imaginärteil positiv)
  • -4 - 5i: Links unten (beide Komponenten negativ)
  • 5 + 3i: Rechts oben (beide Komponenten positiv)
  • 5 - 3i: Rechts unten (Realteil positiv, Imaginärteil negativ)
Mehrere komplexe Zahlen in der Gaußschen Ebene

Abbildung 2: Mehrere komplexe Zahlen in verschiedenen Quadranten

Geometrische Transformationen

In der Gaußschen Zahlenebene entsprechen verschiedene mathematische Operationen geometrischen Transformationen (Spiegelungen, Drehungen, etc.).

1. Die Negative Zahl (-z): Punktspiegelung am Ursprung

Mathematisch:

Wenn z = a + bi, dann -z = -a - bi

Geometrisch: Der Punkt wird durch eine Punktspiegelung am Nullpunkt auf die gegenüberliegende Seite gespiegelt.

Beispiel:
  • z = 3 + 2i liegt bei (3, 2)
  • -z = -3 - 2i liegt bei (-3, -2)
  • Die beiden Punkte sind diametral entgegengesetzt zum Ursprung

2. Die konjugierte Zahl (z̄): Achsenspiegelung an der reellen Achse

Mathematisch:

Wenn z = a + bi, dann z̄ = a - bi

Geometrisch: Der Punkt wird an der reellen Achse (x-Achse) gespiegelt. Der Realteil bleibt gleich, der Imaginärteil wechselt das Vorzeichen.

Beispiel:
  • z = 3 + 2i liegt bei (3, 2)
  • z̄ = 3 - 2i liegt bei (3, -2)
  • Sie sind Spiegelbilder bezüglich der x-Achse
Negative und konjugierte Zahlen

Abbildung 3: Geometrische Transformationen: -z (Punktspiegelung) und z̄ (Achsenspiegelung)

Die vier Quadranten

Die Gaußsche Zahlenebene wird durch die beiden Achsen in vier Quadranten eingeteilt:

Quadrant Realteil a Imaginärteil b Beispiel
I (oben rechts) a > 0 b > 0 3 + 2i
II (oben links) a < 0 b > 0 -2 + 4i
III (unten links) a < 0 b < 0 -3 - 5i
IV (unten rechts) a > 0 b < 0 4 - 2i

Betrag und Argument in der Gaußschen Ebene

Der Betrag |z|: Die Entfernung vom Ursprung

Der Betrag einer komplexen Zahl z = a + bi ist die Distanz vom Ursprung zum Punkt (a, b).

Geometrische Interpretation:

|z| = √(a² + b²)

Dies ist die Länge des Vektors vom Ursprung zu z (Hypotenuse eines rechtwinkligen Dreiecks).

Das Argument arg(z): Der Winkel zur reellen Achse

Das Argument ist der Winkel φ, den der Vektor von z mit der positiven reellen Achse einschließt.

Winkelbeziehung:

tan(φ) = b/a (mit Beachtung des Quadranten)

Der Winkel wird oft in Grad oder Radiant angegeben.

Beispiel: z = 3 + 3i
  • Betrag: |z| = √(3² + 3²) = √18 ≈ 4,24
  • Argument: tan(φ) = 3/3 = 1 → φ = 45° = π/4 rad
  • Geometrisch: Punkt liegt 4,24 Einheiten vom Ursprung entfernt, unter 45° Winkel

Konjugierte Lösungen von quadratischen Gleichungen

Eine wichtige Eigenschaft: Wenn eine nicht-reelle Zahl z eine Lösung einer quadratischen Gleichung mit reellen Koeffizienten ist, dann ist auch die konjugierte Zahl z̄ eine Lösung.

Warum?

Wenn az² + bz + c = 0 mit reellen a, b, c, dann erfüllt auch die konjugierte Zahl diese Gleichung:

a(z̄)² + b(z̄) + c = 0

Geometrisch: Die Lösungen liegen symmetrisch bezüglich der reellen Achse!

Beispiel: z² + 2z + 5 = 0
  • Lösung 1: z₁ = -1 + 2i liegt bei (-1, 2)
  • Lösung 2: z₂ = -1 - 2i liegt bei (-1, -2)
  • Sie sind Spiegelbilder an der reellen Achse
  • Beide haben den gleichen Realteil (-1)

Zusammenfassung: Geometrische Operationen

Operation Mathematisch Geometrisch
Negative Zahl z = a + bi → -z = -a - bi Punktspiegelung am Ursprung (0, 0)
Konjugierte z = a + bi → z̄ = a - bi Achsenspiegelung an der reellen Achse
Betrag |z| = √(a² + b²) Entfernung vom Ursprung (Abstand)
Argument arg(z) = arctan(b/a) Winkel zur positiven reellen Achse

Vorteile der geometrischen Darstellung

Was gewinnen wir durch die Visualisierung?
  • Veranschaulichung: Komplexe Zahlen werden konkreter und verständlicher
  • Symmetrien erkennen: Konjugierte und negative Zahlen zeigen symmetrische Muster
  • Operationen verstehen: Addition wird zur Vektoraddition, Multiplikation zu Drehung und Skalierung
  • Lösungen visualisieren: Lösungen von Gleichungen können grafisch dargestellt werden
  • Geometrische Intuition: Verbindung zwischen Algebra und Geometrie


























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