Matrix Invertieren nach Gauß-Jordan

Der effiziente Algorithmus für alle Matrixgrößen

Der Gauß-Jordan-Algorithmus ist eine systematische Methode zur Berechnung der Inversen einer Matrix. Im Gegensatz zur Cramer-Regel ist diese Methode effizient auch für große Matrizen und wird in der Praxis am häufigsten verwendet.

Die Idee ist elegant: Man schreitet die Original-Matrix neben die Einheitsmatrix auf, führt dann Zeilenoperationen durch, bis die Original-Matrix zur Einheitsmatrix wird. Am Ende befindet sich die Inverse auf der rechten Seite!

Vorbedingungen für Matrixinversion

Bevor man die Inverse berechnet, sollten diese Bedingungen überprüft werden:

Notwendige Bedingungen:
  • Quadratische Matrix: Die Matrix muss n × n sein (gleich viele Zeilen und Spalten)
  • Nicht-singuläre Matrix: Die Determinante muss ≠ 0 sein
  • Keine Null-Zeilen/Spalten: Die Matrix darf keine linear abhängigen Zeilen haben
Singuläre Matrix erkennen:

Wenn während des Gauß-Jordan-Prozesses eine Null-Zeile entsteht, ist die Matrix singulär und hat keine Inverse. Der Algorithmus bricht ab.

Der Gauß-Jordan-Algorithmus

Grundkonzept: [A | I] → [I | A⁻¹]

Das Verfahren funktioniert nach einem einfachen Prinzip:

Grundidee:
  • Start: Schreibe [A | I] — die Original-Matrix neben die Einheitsmatrix
  • Zeilenoperationen: Transformiere A in eine Einheitsmatrix mittels Zeilenoperationen
  • Gleichzeitig: Wende alle gleichen Operationen auf I an
  • Resultat: Wenn A zur Einheitsmatrix wird, ist I zur Inversen A⁻¹ geworden

Die Zeilenoperationen

Erlaubte Zeilenoperationen (bleiben aus der vorherigen Lektion):

Zeilenaddition

Zeile_i → Zeile_i + k·Zeile_j

Vielfaches einer Zeile zu anderer addieren

Skalarmultiplikation

Zeile_i → k·Zeile_i (k ≠ 0)

Zeile mit Skalar multiplizieren

Zeilentausch

Zeile_i ↔ Zeile_j

Zwei Zeilen vertauschen

Schritt-für-Schritt Algorithmus

Ablauf des Gauß-Jordan-Algorithmus:
  1. Setup: Schreibe die erweiterte Matrix [A | I]
  2. Pivot-Auswahl: Für jede Spalte, wähle ein Pivot-Element (ideal: ≠ 0)
  3. Normalisierung: Mache das Pivot-Element zu 1 (durch Skalarmultiplikation)
  4. Elimination: Mache alle anderen Elemente in dieser Spalte zu 0 (durch Zeilenaddition)
  5. Wiederhole: Gehe zur nächsten Spalte und wiederhole bis zur Einheitsmatrix
  6. Resultat: Die rechte Seite ist nun A⁻¹

Praktisches Beispiel: 3×3 Matrix

Aufgabe: Invertiere die Matrix A

Gegebene Matrix:
A = [1 2 1] [2 5 -1] [4 8 5]

Schritt 1: Aufstellung der erweiterten Matrix [A | I]

[1 2 1 | 1 0 0] [2 5 -1 | 0 1 0] [4 8 5 | 0 0 1]

Ziel: Mache die linke Seite zur Einheitsmatrix, dann ist die rechte Seite die Inverse.

Schritt 2: Erste Spalte — Nullen unter dem Pivot

Operation: Zeile 2 → Zeile 2 - 2·Zeile 1 und Zeile 3 → Zeile 3 - 4·Zeile 1

[1 2 1 | 1 0 0] [0 1 -3 | -2 1 0] [0 0 1 | -4 0 1]

✓ Erste Spalte hat nur noch eine 1 und Nullen darunter.

Schritt 3: Zweite Spalte — Nullen unter dem Pivot

Das Element an Position (2,2) ist bereits 1 und die Elemente darunter sind 0. Keine Aktion nötig für unten. Aber wir brauchen auch 0 oben!

Operation: Zeile 1 → Zeile 1 - 2·Zeile 2

[1 0 7 | 5 -2 0] [0 1 -3 | -2 1 0] [0 0 1 | -4 0 1]

Schritt 4: Dritte Spalte — Normalisierung und Elimination

Das Element an Position (3,3) ist bereits 1. Wir müssen nur die 7 und -3 oben eliminieren.

Operation: Zeile 1 → Zeile 1 - 7·Zeile 3 und Zeile 2 → Zeile 2 + 3·Zeile 3

[1 0 0 | 33 -2 -7] [0 1 0 |-14 1 3] [0 0 1 | -4 0 1]

Resultat: Die Inverse

A⁻¹ ist nun auf der rechten Seite:
A⁻¹ = [33 -2 -7]           [-14 1 3]           [-4 0 1]

Verifikation: A · A⁻¹ = I

Eine schnelle Verifikation zeigt, dass die Inverse korrekt ist:

Überprüfung:

A · A⁻¹ sollte die Einheitsmatrix ergeben. Dies ist eine gute Kontrolle, dass die Rechnung korrekt war.

Gauß-Jordan vs. Cramer-Regel

Vergleich der beiden Methoden:

Aspekt Gauß-Jordan Cramer-Regel
Für 2×2 Machbar, aber etwas aufwändig Sehr schnell und einfach ✓
Für 3×3 Praktisch und effizient ✓ Aufwändig (4 Determinanten)
Für 4×4+ Effizient und praktisch ✓✓ Sehr ineffizient ✗
Rechenaufwand O(n³) O(n!) für Determinanten
Numerische Stabilität Sehr gut mit Pivot-Auswahl Anfällig für Rundungsfehler
Empfehlung:

Gauß-Jordan ist die Standard-Methode für praktische Anwendungen und wird in numerischen Algorithmen überall verwendet. Cramer ist nur für kleine Matrizen (2×2) eine echte Alternative.

Tipps und häufige Fehler

Hilfreiche Tipps:
  • Pivot-Auswahl: Wähle das größte Element in einer Spalte (numerisch stabiler)
  • Organisiert arbeiten: Halte die Links- und Rechtsseite deutlich getrennt
  • Spaltenweise vorgehen: Arbeite systematisch von links nach rechts
  • Notizen machen: Schreibe auf, welche Operationen du durchführst
  • Verifikation: Überprüfe am Ende mit A · A⁻¹ = I
Häufige Fehler:
  • FALSCH: Operationen nur auf eine Seite anwenden | RICHTIG: BEIDE Seiten!
  • FALSCH: Zeilenoperationen für Spalten verwenden | RICHTIG: Nur Zeilenoperationen
  • FALSCH: Multiplikation statt Division verwenden | RICHTIG: Sorgfältig mit Faktoren
  • FALSCH: Null-Pivots ignorieren | RICHTIG: Zeilentausch durchführen

Wann existiert keine Inverse?

Während des Gauß-Jordan-Prozesses können Probleme entstehen, die anzeigen, dass keine Inverse existiert:

Zeichen für singuläre Matrix:
  • Null-Zeile auf der Linken: Eine komplette Zeile wird zu [0 0 ... 0]
  • Linear abhängige Zeilen: Eine Zeile ist ein Vielfaches einer anderen
  • Determinante = 0: Die ursprüngliche Matrix hat Determinante 0
  • Rang < n: Der Rang der Matrix ist kleiner als ihre Dimension
In diesem Fall:

Der Algorithmus bricht ab — es gibt keine Inverse zu berechnen. Die Matrix ist singulär und nicht invertierbar.

Online-Rechner

Teste die Matrixinversion mit unserem interaktiven Online-Rechner:



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