Kurtosis (Wölbung) berechnen
Online Rechner zur Berechnung der Wölbung (Gipfelhöhe) einer Datenverteilung
Kurtosis Rechner
Die Kurtosis (Wölbung)
Die Kurtosis ist ein Maß für die Wölbung einer Verteilung. Sie beschreibt die Höhe des Gipfels und die Schwere der Ränder.
Kurtosis Visualisierung
Die Kurtosis beschreibt die Form der Verteilung.
Hohe Kurtosis: Spitzer Gipfel, schwere Ränder (mehr Ausreißer).
━ Platykurtisch (flach) ━ Mesokurtisch (normal) ━ Leptokurtisch (spitz)
Was ist die Kurtosis (Wölbung)?
Die Kurtosis ist ein wichtiges Maß der deskriptiven Statistik zur Beschreibung der Verteilungsform:
- Definition: Maß für die Wölbung (Gipfelhöhe) und Schwere der Ränder
- Bezeichnung: Auch Exzess oder viertes standardisiertes Moment
- Moment: Basiert auf dem vierten standardisierten Moment
- Eigenschaft: Beschreibt Konzentration um Mittelwert und Ausreißerrisiko
- Anwendung: Risikomanagement, Modellwahl, Finanzanalyse
- Interpretation: Vergleich mit Normalverteilung (κ=0)
Arten der Kurtosis
Je nach Wert unterscheidet man drei Arten von Kurtosis:
Platykurtisch
κ < 0: Flachere Verteilung als Normalverteilung. Weniger Werte im Gipfel und in den Rändern.
Beispiel: Gleichverteilung, bestimmte Beta-Verteilungen
Mesokurtisch
κ = 0: Wölbung wie bei der Normalverteilung. Referenzwert für Vergleiche.
Beispiel: Normalverteilung (Gauß-Verteilung)
Leptokurtisch
κ > 0: Spitzere Verteilung als Normalverteilung. Mehr Werte im Gipfel und in den Rändern (Ausreißer!).
Beispiel: t-Verteilung, Laplace-Verteilung, Finanzrenditen
Anwendungen der Kurtosis
Die Kurtosis wird in vielen Bereichen verwendet:
Finanzwesen
- Risikomanagement (Tail Risk, extreme Verluste)
- Renditeverteilung analysieren
- Value-at-Risk (VaR) Modellierung
- Portfoliooptimierung (höhere Momente)
Datenanalyse
- Verteilungsform beschreiben
- Normalitätsprüfung (κ sollte ≈ 0 sein)
- Ausreißererkennung (hohe κ deutet auf viele Ausreißer)
- Modellwahl (z.B. t-Verteilung bei κ > 0)
Formeln zur Berechnung der Kurtosis
Stichproben-Kurtosis (Excess, g₂)
Biased estimator - die -3 macht Normalverteilung zu 0
Populations-Kurtosis (G₂) - korrigiert
Unbiased estimator - für inferentielle Statistik
Alternative: Ohne Excess-Korrektur
Ohne -3, Normalverteilung hat κ = 3
Beziehung zu Momenten
m₄ = viertes zentrales Moment
Symbolerklärungen
| \(g_2\) | Stichproben-Kurtosis (Excess) |
| \(G_2\) | Populations-Kurtosis |
| \(x_i\) | Einzelner Datenwert |
| \(\overline{x}\) | Arithmetisches Mittel |
| \(s\) | Standardabweichung |
| \(n\) | Anzahl der Werte |
Beispielrechnungen für die Kurtosis
Beispiel 1: Nahezu normalverteilte Daten
Berechne: Kurtosis der Daten
1. Mittelwert & Standardabweichung
Standardabweichung:
s ≈ 2.28
2. Z-Werte hoch 4
| z₁⁴ = ((2-5.2)/2.28)⁴ ≈ 3.97 |
| z₂⁴ = ((5-5.2)/2.28)⁴ ≈ 0.001 |
| z₃⁴ = ((8-5.2)/2.28)⁴ ≈ 3.14 |
| z₄⁴ = ((7-5.2)/2.28)⁴ ≈ 0.98 |
| z₅⁴ = ((4-5.2)/2.28)⁴ ≈ 0.12 |
3. Kurtosis berechnen
Summe: 8.22
\[g_2 = \frac{8.22}{5} - 3\] \[\approx \color{blue}{-1.36}\]
Platykurtisch!
Flacher als Normalverteilung
Beispiel 2: Leptokurtische Verteilung (mit Ausreißern)
Daten mit extremen Werten an den Rändern
Kennzahlen
| Mittelwert: | 5.33 |
| Median: | 5.5 |
| Standardabweichung: | 5.46 |
| Anzahl extremer Werte: | 2 (15, -5) |
Die meisten Werte liegen bei 5-6, aber zwei extreme Ausreißer
Kurtosis-Berechnung
Nach Berechnung:
g₂ ≈ 2.54
Stark leptokurtisch!
Die Ausreißer (15 und -5) erhöhen die Kurtosis stark. Dies zeigt schwere Ränder an - typisch für Finanzrenditen!
Wichtige Erkenntnis
Positive Kurtosis (g₂ = 2.54): Zeigt an, dass die Daten mehr extreme Werte (Ausreißer) enthalten als bei einer Normalverteilung. Dies ist wichtig für Risikomanagement: Hohe Kurtosis bedeutet höheres Risiko extremer Verluste oder Gewinne. In der Finanzwelt werden solche Verteilungen oft mit t-Verteilungen oder anderen Fat-Tail-Verteilungen modelliert.
Beispiel 3: Platykurtische Verteilung (gleichmäßig)
Gleichmäßig verteilte Daten
Kennzahlen
| Mittelwert: | 5.5 |
| Median: | 5.5 |
| Standardabweichung: | 2.87 |
Alle Werte gleichmäßig verteilt, keine Konzentration
Kurtosis-Berechnung
Nach Berechnung:
g₂ ≈ -1.22
Platykurtisch!
Gleichverteilungen haben typischerweise negative Kurtosis. Die Werte sind gleichmäßig verteilt ohne Konzentration im Zentrum oder an den Rändern.
Mathematische Grundlagen der Kurtosis
Die Kurtosis ist das vierte standardisierte Moment und beschreibt die Tail-Heaviness (Schwere der Ränder) und Peakedness (Gipfelhöhe) einer Verteilung.
Excess Kurtosis vs. Kurtosis
Zwei Definitionen:
- Kurtosis (κ): κ = E[(X-μ)⁴]/σ⁴, Normalverteilung hat κ = 3
- Excess Kurtosis (g₂): g₂ = κ - 3, Normalverteilung hat g₂ = 0
Vorteil von Excess: Die -3 Korrektur macht die Normalverteilung zum Referenzpunkt (0). Positive Werte zeigen mehr Konzentration und schwerere Ränder als bei der Normalverteilung.
Interpretation der Kurtosis
g₂ < 0
Platykurtisch
Flacher Gipfel
Leichte Ränder
Weniger Ausreißer
g₂ ≈ 0
Mesokurtisch
Wie Normalverteilung
Referenzwert
Normale Ausreißerrate
g₂ > 0
Leptokurtisch
Hoher Gipfel
Schwere Ränder
Mehr Ausreißer
Kurtosis in der Finanzwelt
Warum ist Kurtosis wichtig für Finanzen?
- Fat Tails: Finanzrenditen haben oft g₂ > 0, d.h. mehr extreme Ereignisse als bei Normalverteilung
- Black Swan Events: Hohe Kurtosis zeigt höheres Risiko für extreme Verluste an
- VaR-Modellierung: Standardmodelle (Normalverteilung) unterschätzen Risiko bei hoher Kurtosis
- Portfolio-Optimierung: Höhere Momente (Schiefe, Kurtosis) wichtig für realistisches Risikomanagement
- t-Verteilung: Oft verwendet für Finanzrenditen wegen schwererer Ränder (positive Kurtosis)
Praktische Überlegungen
Wann Kurtosis analysieren?
- Risikomanagement: Tail Risk, extreme Ereignisse
- Normalitätsprüfung: κ sollte ≈ 0 sein
- Modellwahl: t-Verteilung bei g₂ > 0
- Ausreißererkennung: Hohe κ deutet auf Ausreißer
- Verteilungsvergleich: Unterschiedliche Datenquellen
Vorsicht bei
- Kleinen Stichproben: Kurtosis sehr instabil bei n < 100
- Ausreißern: Vierte Potenz verstärkt Einfluss extrem
- Multimodalen Verteilungen: Interpretation schwierig
- Asymmetrischen Verteilungen: Erst Schiefe betrachten
- Nicht-numerischen Daten: Kurtosis nicht sinnvoll
Kurtosis verschiedener Verteilungen
| Verteilung | Excess Kurtosis (g₂) | Interpretation |
|---|---|---|
| Normalverteilung | 0 | Referenzwert, mesokurtisch |
| Gleichverteilung | -1.2 | Platykurtisch, flach |
| t-Verteilung (df=5) | 6 | Stark leptokurtisch, schwere Ränder |
| Laplace-Verteilung | 3 | Leptokurtisch, spitzer Gipfel |
| Exponentialverteilung | 6 | Stark leptokurtisch, sehr schief |
| Logistische Verteilung | 1.2 | Leicht leptokurtisch |
Zusammenfassung
Die Kurtosis ist ein unverzichtbares Werkzeug zur Beschreibung der Form einer Verteilung, insbesondere für Gipfelhöhe und Tail-Heaviness (Schwere der Ränder). Als viertes standardisiertes Moment ist sie sehr empfindlich gegenüber Ausreißern. Die Excess Kurtosis (g₂ = κ - 3) macht die Normalverteilung zum Referenzpunkt: g₂ < 0 (platykurtisch, flach), g₂ = 0 (mesokurtisch, normal), g₂ > 0 (leptokurtisch, spitz mit schweren Rändern). In der Finanzwelt ist positive Kurtosis besonders wichtig, da sie auf höheres Risiko extremer Ereignisse (Fat Tails, Black Swans) hinweist. Standardmodelle wie die Normalverteilung unterschätzen dieses Risiko. Die Interpretation sollte immer im Kontext mit anderen Kennzahlen (Mittelwert, Standardabweichung, Schiefe) und visuellen Darstellungen erfolgen. Bei kleinen Stichproben (n < 100) ist Kurtosis sehr instabil.
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